21. Deutsche Asphalttage in Berchtesgaden

Asphaltbranche steht vor großen Herausforderungen

von: Kai-Werner Fajga
Berchtesgaden. – Anfang Februar fand sich das Who-is-Who des deutschen Asphaltstraßenbaus im winterlichen Berchtesgaden zu den Deutschen Asphalttagen zusammen – der Deutsche Asphaltverband (DAV) hatte eingeladen. Die ABZ war dabei und befragte Verbandspräsident Oliver Nohse zu aktuellen Entwicklungen und Zielen der Branche.
Messen und Veranstaltungen
Mit fast 1100 Anmeldungen begrüßte der DAV mehr Teilnehmer als je zuvor zum Kongress. Foto: DAV

Der Deutsche Asphaltverband hatte gerufen – und alle sind gekommen: Mit fast 1100 Anmeldungen begrüßte der DAV mehr Teilnehmer als je zuvor zu Kongress und begleitender Fachausstellung. Im Jahr 2022 mussten die Asphalttage coronabedingt um ein Jahr verschoben werden. Für das Treffen hatte sich der Verband viel vorgenommen: Mitgliederversammlung, Fachausstellung und ein dreitägiges Kongressprogramm standen auf der Agenda.

Ein Highlight der Veranstaltung waren zweifelsohne die Keynotes am ersten Tag, gehalten von Bundespräsident a. D. Christian Wulff und Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB). Ex-Bundespräsident Wulff verstand es dabei sehr gut, die aktuellen Verstrickungen der weltpolitische Bühne historisch zu unterfüttern ("Seit 78 Jahren haben wir Frieden, das hat es vorher nicht gegeben"), den anwesenden Unternehmern den Rücken zu stärken ("Wir werden tiefgreifende Veränderungen brauchen für eine enkeltaugliche Zukunft"), und sie gleichzeitig zum Mitwirken aufzufordern mit Sätzen wie: "Die besten Köpfe müssen Lösungen entwickeln, anstatt in Klimaangst zu verfallen."

Peter Hübner griff in seiner Ansprache Themen auf, die den Unternehmen der Bauindustrie derzeit unter den Fingernägeln brennen und mit Sätzen wie "Es ist völlig absurd, was derzeit in Berlin stattfindet" fasste er beispielsweise die Situation im Wohnungsbau für viele im vollbesetzten Saal treffend zusammen. Hübner beschrieb anschaulich die "Notlagen der Infrastruktur", dass "die Akzeptanz der Straße in der Bevölkerung" zurückgewonnen werden müsse und wies auf anstehende Aufgaben hin: "Wir müssen die Straße konsequent dekarbonisieren." Jede einzelne Leistung, die Unternehmen anböten, solle künftig mit einem CO2-Fußabdruck versehen sein. Mit dem Kongressprogramm der Folgetage zeigte der DAV, dass er als Verband am Puls der Branche tickt – spannende Podiumsdiskussionen, hochaktuelle Fragestellungen, Praxisorientierte Themenblöcke, stets gefüllte Vortragssäle und ständiges Networking auf den Gängen legen ein beredtes Zeugnis davon ab.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Bachelor Fachrichtung Landschaftsarchitektur /..., München  ansehen
Staatlich geprüfte*r Bautechniker*in (m/w/d) für..., Halstenbek  ansehen
Ingenieur (m/w/d) der Richtung Bauingenieurwesen..., Nordenham  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Messen und Veranstaltungen
Das Veranstaltungszentrum "Alpen Congress" bot ausreichend Fläche für Fachausstellung und Vorträge. Foto: Kai-Werner Fajga

DAV-Präsident Nohse hatte in seiner Ansprache zu den einundzwanzigsten Asphalttagen schon vorweg genommen, dass die Themen Wiederverwendung, Digitalisierung und CO2-Emissionen längst den Arbeitsalltag der angeschlossenen Unternehmen bestimmen. Er legte eindrucksvolle Zahlen vor, etwa zu real abnehmenden Investitionen des Bundes in die Verkehrsinfrastruktur, Preissteigerungen, zur abnehmenden Asphaltproduktion in Deutschland, oder dazu, dass bereits 84 Prozent des anfallenden Ausbauasphalts im Kreislauf geführt werden (mehr zu den aktuellen Herausforderungen des DAV und der Asphaltbranche im anschließenden Interview). Am Ende der drei Tage in Berchtesgaden konnte Nohse schließlich auch ein erfolgreiches Fazit ziehen: "Wir haben aus der Branche auf den Asphalttagen und auch danach durchweg sehr positive Rückmeldungen erhalten. Es war an der Zeit, wieder eine breite Plattform für den Austausch zu bieten, denn der Asphaltstraßenbau steht – wie unsere Gesellschaft und alle Branchen unserer Wirtschaft – vor großen Herausforderungen." Die nächsten Asphalttage finden vom 21. bis 24. Februar 2024 erneut in Berchtesgaden statt.

Anlässlich der 21. Deutschen Aphalttage äußerte sich Oliver Nohse, Präsident des DAV, im Gespräch mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga zu Entwicklungen in der Asphaltbranche:

ABZ: Herr Nohse, Was waren ihre Erwartungen des DAV im Vorfeld der Asphalttage?

Nohse: Wie gesagt: Die Asphaltbranche steht am Anfang entscheidender Entwicklungen. Wir haben den großen Bedarf gesehen, sich darüber auszutauschen, und das Ziel gefasst, von Berchtesgaden aus Impulse in die Branche zu setzen. Unser Baustoff muss und kann noch mehr für den Klimaschutz tun. Vor allem in der Herstellung, aber auch im Einbau gibt es große Potenziale. Umweltfreundlichere Brennstoffe, Einsparung von Energie und mehr Recycling sind gefordert, ohne die Dauerhaftigkeit der Asphaltbauweise einzuschränken.

ABZ: Haben sich die Erwartungen erfüllt?

Nohse: Ja, selbst aus unserer Perspektive als Ausrichter der Deutschen Asphalttage konnten die Vortragenden mit ihren hochinteressanten Vorträgen viele neue Informationen sowie wichtige Denkanstöße zu den aktuellen Themen unserer Branche beitragen. Auch die begleitende Fachausstellung konnte zukunftsweisende Lösungen zeigen, beispielsweise auf dem Feld der Digitalisierung.

ABZ: Welche Themen standen bei der Tagung im Vordergrund?

Nohse: Eindeutig der Klimaschutz. Jede Branche hat ihren Teil der Verantwortung für eine lebenswerte Zukunft mitzutragen. Nachhaltigkeit wird als Vergabekriterium auch im Asphaltstraßenbau zurecht an Bedeutung gewinnen, wie wir beim Blick in andere Länder Europas bereits sehen. Der Deutsche Asphaltverband möchte diesen Wandel begleiten und mitgestalten, um den Unternehmen Impulse für ihre Zukunftsfähigkeit zu geben. Dabei stellt die Digitalisierung von Prozessen in der Produktionsplanung, Logistik und Bauabwicklung nicht nur ein Mittel dar, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu steigern, sondern eben auch, Emissionen zu senken.

ABZ: Was wurde unter Teilnehmern und Ausstellern am heißesten diskutiert – und warum?

Nohse: Da möchte ich ganz klar die Temperaturabsenkung von Asphalt nennen. Sie verbessert die Arbeitsplatzbedingungen für die Menschen auf unseren Straßenbaustellen, spart Energie ein und reduziert die CO2Emissionen. Wir müssen mehr Fahrt aufnehmen, damit diese Bauweise in unser Regelwerk aufgenommen werden kann. Auch das ist gleichermaßen eine Frage unserer Verantwortung für Mensch und Umwelt und unserer Zukunftsfähigkeit.

Messen und Veranstaltungen
Oliver Nohse (Präsident des DAV) stimmte die Teilnehmer auf aktuelle und künftige Herausforderungen der Branche ein. Foto: DAV

ABZ: Keynote-Sprecher Peter Hübner (Präsident des HDB) hat mehr Unterstützung der Politik für die Bauwirtschaft angemahnt und eine Notlage in der verkehrlichen Infrastruktur bemängelt. Wie ist die Haltung des Verbands zu diesem Thema?

Nohse: Ich bin absolut der gleichen Meinung. Mit Blick auf den Stau bei Sanierung und Ausbau unserer Infrastruktur müssten die Investitionen für alle drei Verkehrsträger – Straße, Schiene und Wasserwege – um mindestens 10 bis 20 Prozent erhöht werden. Die Straße ist und bleibt dabei unser wichtigster Verkehrsträger. Unsere maroden Straßen, deren Fahrbahndecken zu 95 Prozent aus Asphalt bestehen, dürfen nicht vernachlässigt werden. Neben der Sanierung zahlreicher Brücken drängt auch die weitere Sanierung der Fahrbahnen. Denn Straßen sind die Versorgungsadern unserer Wirtschaft.

ABZ: Keynote-Sprecher Christian Wulff (Bundespräsident a. D.) nannte die "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie" als wichtige Herkulesaufgabe. Unternehmen sollten Lösungen entwickeln, anstatt in Klimaangst zu verfallen. Inwieweit fühlten Sie sich als Präsident des Verbands und seiner Mitglieder hier angesprochen?

Nohse: Das betrifft uns 100-prozentig. Es gibt die Potenziale, Stichwort Digitalisierung, mithilfe neuer Technologien sowohl unserer ökologischen Verantwortung gerecht zu werden als auch unsere Branche und die Gesamtwirtschaft zu stärken. Unser Deutsches Asphaltinstitut DAI unterstützt bereits Forschungsprojekte, die genau darauf abzielen.

ABZ: Wie entwickelt sich die Asphaltbranche aktuell?

Nohse: Um unsere Infrastruktur instand halten zu können, muss in Deutschland wieder mehr Asphalt produziert werden. Die Produktionszahlen der letzten drei Jahre waren enttäuschend. Besonders im kommunalen Bereich wird der Investitionsstau im Bereich Straße immer größer und liegt mittlerweile bei fast 40 Milliarden Euro. Mit Blick auf anstehende Investitionen in die kostenintensive Modernisierung von Asphaltmischwerken brauchen wir mehr Planungssicherheit.

ABZ: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hemmnisse in der Entwicklung der Branche?

Nohse: Unsere Regelwerke müssen schneller angepasst werden. Nachhaltigkeitsaspekte müssen bei der Vergabe von Bauleistungen mitberücksichtigt werden. Wir brauchen hierfür dringend einheitliche, standardisierte Wertungskriterien. Wer den Wandel aktiv gestalten möchte, muss schnell gute Lösungen erarbeiten. Dafür treten wir als Deutscher Asphaltverband ein.

ABZ: Was sind die größten aktuellen Herausforderungen für den Verband und seine Mitglieder?

Nohse: Die Modernisierung unsere Asphaltmischwerke. Die Umstellung auf klimafreundlichere Brennstoffe ist einer dieser Punkte, an denen sich ökologische und unternehmerische Verantwortung treffen: Energiesparen heißt, Ressourcen und Kosten zu sparen. Auch die Wiederverwendung von Asphalt, bei der wir bereits beachtliche Quoten erzielen, müssen wir unbedingt weiter optimieren.

ABZ: Was haben Sie sich für die nächste Tagung vorgenommen?

Nohse: Die Verbesserung unseres CO2-Footprints wird unser wichtigstes Thema sein und bleiben. Die Asphaltbauweise, die durch ihre hohe Haltbarkeit bereits einen Nachhaltigkeitsaspekt erfüllt, muss weiter kräftig an den Stellschrauben Energie-Einsparung, Emissionsvermeidung und Wiederverwendung drehen. Diese Innovationskraft unserer Branche nicht nur zu zeigen, sondern auch zu stärken, ist das Ziel der Deutschen Asphalttage.

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Gebrauchtmaschinen Angebote

DBMB - Die Baumaschinen Börse
DBMB - Die Baumaschinen Börse

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen