35. Oldenburger Rohrleitungsforum

Ein effizientes Wassermanagement ist notwendig

Vor Kurzem fand das Oldenburger Rohrleitungsforum (iro) nach längerer pandemiebedingter Pause wieder statt. Im Zuge dessen sprach Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V. und Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg, mit ABZ-Redakteurin Julia Bremer nicht nur über aktuelle Themen des diesjährigen iro oder darüber, was das Forum so besonders macht. Ebenso ging es darum, wie die Branche die voranschreitende Digitalisierung angeht und wie sie dem Fachkräftemangel begegnet.
Messen und Veranstaltungen
Prof. Thomas Wegener ist Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V. und Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg. Er stand der ABZ zu vielen Branchenthemen Rede und Antwort. Foto: Jade Hochschule/Andreas Rothaus

ABZ: Nachdem das Oldenburger Rohrleitungsforum nun drei Jahre lang – pandemiebedingt – nicht stattfinden konnte und verschoben werden musste: Mit welcher Einstellung haben Sie in diesem Jahr auf das Event geblickt?

Prof. Wegener: Das letzte Forum fand im Jahr 2020 statt. Nach dieser langen Zeit bin ich sehr froh, dass wir uns hier jetzt wieder treffen und diese Veranstaltung durchführen können. In den Corona-Jahren sind wir unserer eigentlichen Aufgabe kaum nachgekommen. Diese beinhaltet nämlich vor allem, Transferleistungen zu ermöglichen. Wir bieten eine Plattform zum Austausch von Experten, und wir bieten der Branche die Gelegenheit, miteinander zu sprechen – und zwar niedrigschwellig. Man geht einfach aufeinander zu, man trifft sich und man spricht miteinander. Das hat nun drei Jahre lang gefehlt. Ich freue mich deshalb umso mehr, dass unser gesamtes iro-Team zur Stange gehalten hat und geblieben ist, sodass wir jetzt wieder voll durchstarten können.

ABZ: Waren digitale Lösungen über die Pandemiezeit hinweg keine Alternative für das iro?

Prof. Wegener: Meiner Auffassung nach sind digitale Veranstaltungslösungen nur ein wirklicher Notbehelf. Das kann funktionieren, wenn man sich gegenseitig gut kennt und wenn es um ein in der Sache vorher bekanntes Thema geht – dann kann man sich auch auf digitalem Weg gut austauschen und viele Reisekilometer sparen. Aber derartige Events gänzlich digital abzuhalten, ist nicht sinnvoll. Kreativität kann sich nicht entfalten, es ist schwierig, sich gegenseitig kennenzulernen. Daher haben wir das Oldenburger Rohrleitungsforum nicht in den digitalen Raum verlegt.

ABZ: Nun fand das Forum in diesem Jahr wieder live und in Farbe statt. Welche Hauptthemen standen denn für 2023 auf der Agenda?

Prof. Wegener: Wir sind und waren für dieses Jahr unheimlich breit aufgestellt. Unsere Themen decken verschiedene Bereiche der leitungsgebundenen Infrastruktur ab. Hinzu kommt, dass wir den Klimawandel als einen wichtigen übergreifenden Aspekt verstehen, denn er beeinflusst alle unsere Themenbereiche in besonderer Art und Weise. Darüber hinaus ist die aktuelle Krise im Osten Europas – also der Krieg in der Ukraine – ein Thema, das selbstverständlich ebenso Auswirkungen auf unsere Arbeit hat.

ABZ: Gehen wir erst einmal auf den Klimawandel ein. Welche Aspekte müssen in dieser Hinsicht im Rohr- und Leitungsbau berücksichtigt werden?

Prof. Wegener: In vorderster Linie steht hier das Wasser. Die aktuell auf Bundesebene entstandene nationale Wasserstrategie zeigt den richtigen Weg. Wir wissen, dass auch im wasserreichen Mitteleuropa nicht unendlich viele Wasserressourcen verfügbar sind, die wir nutzen können. Es braucht daher ein effizientes Wassermanagement, um unterschiedlichste Interessen zu bedienen. Zudem können Fernwasserleitungen wichtiger werden, um Gebiete, die mitunter unter langanhaltender Trockenheit leiden, auch in schwierigen Zeiten mit Trinkwasser zu versorgen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit Starkregen-Ereignissen beziehungsweise damit, welche Probleme diese verursachen und wie man ebenjene lösen kann: Welche Konzepte kommen bei versiegelten Flächen infrage – da sind dann sogenannte Schwammstädte ein Thema, welches zum Beispiel in Hamburg nach vorne getrieben wurde. Aber auch in Oldenburg ist einiges passiert.

ABZ: Haben Sie ein Beispiel parat, was in Oldenburg gemacht wurde?

Prof. Wegener: Es gibt eine digitale Karte, auf der jeder Bürger sich – wenn er sich ein Haus oder ein Grundstück kauft – vorher informieren kann, wie die Lage der Fläche in Bezug auf Überflutungsereignisse aussieht. Man hat in einigen Straßenzügen Ampelsysteme installiert, die Straßen für den Verkehr komplett sperren. Ein Bauherr in einem Gebiet mit hohem Überschwemmungsrisiko wird wahrscheinlich darauf verzichten einen Keller zu bauen. Weiterhin bietet der hier zuständige OOWV für Interessierte Informationen über entsprechende Möglichkeiten mit baulichen Maßnahmen Regenmengen zurückzuhalten und verzögert abzugeben oder auch dauerhaft zu speichern.

ABZ: Schlagen wir nach diesem kleinen Exkurs wieder den Bogen zum diesjährigen Rohrleitungsforum. Das Motto für 2023 lautet 'Rohrleitungen und Kabel – Kritische Infrastruktur und Versorgungssicherheit'. Was genau hat es damit auf sich?

Prof. Wegener: Nun, im Grunde haben wir eben schon Einiges davon angesprochen, weil es viele unterschiedliche Bereiche in unserer Branche betrifft. Vor allem aber geht es um die Themen Trinkwasserversorgung – aber auch Wasserentsorgung, übrigens auch in der Fläche und nicht nur in Städten – und um effizientes Wassermanagement im Allgemeinen. So muss man beispielsweise die aktuelle Wettersituation im Blick haben und abschätzen, ob in den nächsten zwei Monaten viel Niederschlag zu erwarten ist oder nicht.

Damit einher geht dann die Entscheidung, ob Flächen entwässert werden müssen oder ob genau das gerade wenig Sinn ergibt, da wenig Regen zu erwarten ist. Darüber hinaus geht es unter anderem darum, ob wir in bestimmten Bereichen nicht unproblematisches Brauchwasser einsetzen könnten mit dem Ziel, Trinkwasser einzusparen. Ein weiterer Aspekt ist die Gasversorgung. Aus den bisher gewohnten Lieferländern haben wir eigentlich nur noch aus Norwegen nennenswerte Gaslieferungen zu erwarten. Russische Gaslieferungen mussten schnell ersetzt werden, indem mit hohem Tempo auf Flüssiggas gesetzt wurde.

Mittlerweile gibt es ein neues Terminal hier vor der Haustür, in Wilhelmshaven, das bereits in Betrieb genommen worden ist. Ein zweites wird gebaut. In diesem Bereich des Energiesektors passiert gerade unheimlich viel. Sie merken also, das Format des Oldenburger Rohrleitungsforums deckt unterschiedlichste Bereiche ab, die ineinandergreifen und unweigerlich miteinander verknüpft sind.

ABZ: Wir sprachen anfangs über digitale Veranstaltungslösungen während der Pandemie-Zeit. Wie sieht es heute mit der Digitalisierung als 'großem Thema' innerhalb der Branche aus?

Prof. Wegener: Für uns in der unterirdischen Infrastruktur ist das kein Nebenthema, das muss ich betonen. Es ist nur vielleicht noch nicht so präsent wie etwa im Hochbau. Dennoch: Auch im Leitungsbau geht es damit immer weiter voran und das ist auch unbedingt notwendig. Wesentlich ist die Versorgungsindustrie betroffen, weil der Austausch von Daten zur Steuerung von Situationen unbedingt erforderlich ist. Ohne digitale Strategien kriegen wir die Energiewende, wie sie genannt wird, überhaupt nicht hin – insbesondere dann, wenn ich da beispielsweise an die dezentrale Energieversorgung denke. Schließlich wollen wir weg von den großen Kraftwerken und hin zu kleineren Einheiten. Dazu ist es aber nötig, dass man miteinander kommuniziert und Bedarfe miteinander aus- und abgleicht – und das ist eben ohne digitale Hilfsmittel und Steuerungssysteme nicht denkbar.

ABZ: Ein weiteres Stichwort, das ich mit Ihnen besprechen möchte, ist der Fachkräftemangel. Betrifft dieser auch die Rohr- und Leitungsbranche?

Prof. Wegener: Ja, davor ist auch unsere Branche leider nicht gefeit. Der Rohr- und Kabelleitungsbau hat es da vermutlich etwas schwerer als andere Bereiche. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass die Arbeit noch immer mit – salopp gesagt – Gummistiefeln, Schlamm, nasskaltem Wetter und Unbehagen assoziiert wird – und nicht mit einem sauberen, trockenen Büroarbeitsplatz. Insofern ist es schon schwerer, gute, qualifizierte Fachleute für diesen Bereich zu begeistern, obwohl die Fachpersonen durchaus mit ausgefeilten und modernen Techniken arbeiten. Vielleicht muss man mit attraktiven Konditionen werben, um junge Leute für das Gewerbe zu gewinnen.

ABZ: Gibt es denn Strategien, um das Gewerk attraktiver für Fachfrauen und -männer zu machen?

Prof. Wegener: Der Rohrleitungsbau-Verband hat in der jüngeren Zeit Initiativen ergriffen und wirbt mit modernen Kommunikationsformaten für unsere Berufe.

Da geht es vor allem um in der Szene bekannte Leute, die ein, zwei, drei Tage zum Beispiel als Rohrleitungsbauer unterwegs sind und darüber berichten, wie die Arbeit im Alltag wirklich abläuft – eben auch, um mit alten Klischees aufzuräumen.

ABZ: Wenn Sie nun einen Blick in die Zukunft werfen – Welche Aspekte werden in den kommenden fünf bis zehn Jahren auf jeden Fall noch eine große Rolle spielen?

Prof. Wegener: Nun ja, solche disruptiven Ereignisse wie zuletzt etwa der Ukraine-Krieg – spielen eine große Rolle und ich gehe nicht davon aus, dass ähnliche Ereignisse nie wieder bei uns auftauchen werden. Der Krieg hat die Welt der Energieversorger im Gasbereich völlig auf den Kopf gestellt, sodass wir uns sehr schnell neue Lösungen überlegen müssen. Ein Stichwort hier ist sicherlich die Wasserstoffwirtschaft, doch in diesem Zusammenhang ist noch ein weiter Weg zu gehen, dessen bin ich sicher. Alle Bereiche, die mit der Versorgungsumstellung zu tun haben, werden uns auch weiterhin beschäftigen. Ebenso hat das Thema Wasser bis vor wenigen Jahren kaum einen Menschen interessiert, vielleicht hat das Interesse mit den sogenannten Hitzesommern um die Jahre 2018/19 begonnen. Man hat mittlerweile erkannt, dass die Ressource Wasser eben sehr wertvoll und gleichzeitig endlich ist. Deshalb müssen wir anders mit Wasser umgehen, insgesamt müssen zwingend moderne, durchdachte, langfristige und intelligente Strategien zur Wasserwirtschaft her.

ABZ: Zum Schluss noch einmal der Schwenk zum Oldenburger Rohrleitungsforum. Weshalb wird dieses Format von der Branche so gut angenommen?

Prof. Wegener: Es ist uns wichtig, die Meinung derer einzuholen, die in der Branche arbeiten. Wir möchten ein fachlich hervorragendes Forum für die leitungsgebundene Infrastruktur bieten, das aber niedrigschwellig sein muss. Das bedeutet, dass jede interessierte Person irgendwo abgeholt wird, idealerweise auch in den Fachvorträgen. In den Fachvorträgen legen wir Wert auf hohe Qualität und hervorragende Referentinnen und Referenten.

Das hat zur Folge, dass die Besucherinnen und Besucher sich dann auch detailliert informieren können. Und wenn man etwas verpasst hat, reicht es eben bisweilen auch, sich Namen zu notieren und später die Kommunikation aufzunehmen. Das Oldenburger Rohrleitungsforum ist familiär und lebt von der direkten Ansprache und punktet dann natürlich auch mit einer sehr großen Anzahl an ausstellenden Unternehmen.

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