Baurecht

Berechtigte Verweigerung der Mängelbeseitigung bei unverhältnismäßigen Kosten

von: Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem
Darum geht's: Als auftragnehmender Architekt hat man zumeist eine Vorstellung von einem Auftrag mit fairem Leistungsspektrum und auskömmlicher Vergütung. Vor diesem Hintergrund mag es sein, dass man sich über eine Vergabe eines öffentlichen Auftrags zum Beispiel eines mittelgroßen Kindergartens mit sechs Gruppen ärgert, nachdem zwar alle Planungsleistungen sowohl der Objektplanung Gebäude, als auch der Fachplanungen TGA, als auch der technischen Anlagen, als auch der Freianlagen als Generalplaner erbracht werden sollen.

Dies gilt wohl umso mehr, als mit der Leistungsphase 3 Schluss ist und als Schnittstelle zur Bauphase nur eine funktionale Beschreibung für einen Totalübernehmer vorgesehen ist. Man fragt sich dann ggf.: Was ist denn mit der Mittelstandsförderung und dem Vergabegrundsatz zur losweisen Vergabe?

Folgen für die Praxis: In der Tat, § 97 Abs. 4 GWB, dort die Sätze 1 und 2 regeln ganz allgemein und somit auch für Bauverträge und Planungsverträge: "Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben."

Auf den ersten Blick sieht es also so aus, als ob ein Vergabeverstoß besteht. Dieser Blick erhärtet sich, wenn sich aus den Ausschreibungsunterlagen nicht ergibt, dass ein Ausnahmefall nach dem Satz 3 des § 97 Abs. 4 GWB vorliegt. Demnach dürfen "mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern." Dieser Ausnahmefall müsste daher nachvollziehbar und zutreffend begründet sein. Als Bieter, dem der "Zuschnitt der Planungsleistung" nicht gefällt, könnte man dann versucht sein, mit einer vergaberechtlichen Rüge die Ausschreibung zu Fall zu bringen.

Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass auch in einem Nachprüfungsverfahren einer EU-weiten Vergabe eine Begründung noch nachgeholt werden kann und gelegentlich sind dem Einfallsreichtum der Vergabestelle dabei keine Grenzen gesetzt. Die Erfolgsaussichten der Rüge sind daher zu Beginn nicht sicher einzuschätzen. Es kommt hinzu, dass selbst bei einer erfolgreichen Rüge, gefolgt von einer Aufhebung der Vergabe und Neuvergabe mit geändertem Zuschnitt in Losen nicht automatisch gesagt ist, dass man der letztliche Bestbietende sein wird. Trostpflaster: In Zeiten verlängerter Bauausführungsdauer, verzögerter Bauherrenentscheidungen und den Haftungsrisiken der Bauüberwachung mag ein Auftrag im Wesentlichen begrenzt auf den Entwurf auch ein "guter" Auftrag sein.

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB, Wiesbaden

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gerüstbauer mit Fahrerlaubnis C/CE, Sarstedt Heisede  ansehen
Bauleiter und Oberbauleiter/in im Straßen- und..., Leipzig, Halle  ansehen
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Autor

Rechtsanwalt & Notar Johannes Jochem

RJ Anwälte, Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB

RJ-Anwälte ist eine überregional tätige Rechtsanwaltskanzlei mit Notariat spezialisiert auf Fragen des Bau- und Immobilienrechts.

https://www.rj-anwaelte.de

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen