Bauaussichten 2023

Gemischte Aussichten für ein schwer einzuschätzendes Neues Jahr

Von Marcus Nachbauer, Präsident des Bundesverbands Gerüstbau und Bundesinnungsmeister
Bundesinnung/Bundesverband Gerüstbau Bauaussichten
Foto: Bundesverband Gerüstbau

Hierdurch stehen die Gerüstbauunternehmen und ihre Mitarbeiter vor vielen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Ein entscheidender Erfolgsfaktor hierbei ist die Zuversicht. Der feste Glaube daran, etwas zu schaffen, versetzt Berge. Gerade jetzt sind Unternehmer wichtig, die das ausstrahlen.

Für 2022 wurde zunächst ein Wachstum von 2 bis 3 Prozent prognostiziert. Diese Prognose müssen wir korrigieren. Wenn überhaupt, können wir auf 1 bis 1,5 Prozent hoffen, wobei das preisbereinigte Wachstum des Gerüstbaumarktes wohl negativ ausfallen wird. Für diese Einschätzung spricht auch die Personalentwicklung bei den gewerblichen Arbeitnehmern. Die Anzahl der bis September bei der Sozialkasse Gerüstbau erfassten Arbeitnehmer liegt etwa 2,8 Prozent unter dem Vorjahreswert. Weniger Monteure aber bedeuten einen ähnlichen Rückgang bei den Montage- und Demontageumsätzen.

Eine gewisse Kompensation erfährt die Branche durch steigende Mietumsätze. Außerplanmäßige Bauzeiten sowie Verlängerungen, die von Lieferengpässen und Facharbeitermangel verursacht werden, bringen schließlich längere Gerüststandzeiten mit sich. Für das Jahr 2022 rechnen wir im Gerüstbaugewerbe deshalb unter dem Strich mit einem nominalen Umsatzwachstum von 1 bis 1,5 Prozent. Zum Jahr 2023 können wir feststellen, dass die aktuelle Stimmungslage uneinheitlich ist. Im Bereich der Gerüstbauleistungen für die Bauwirtschaft gibt es Unternehmerinnen und Unternehmer, die den Gerüstbaumarkt als extrem nervös wahrnehmen. Viele Projekte würden verschoben oder aufgekündigt, und die negative Preisspirale sei wieder in Gang gesetzt worden. Andere Unternehmer berichten von einer noch nie dagewesenen Vertragsvorlaufzeit zu vernünftigen Preisen.

Statistische Werte liefern ein Indiz dafür, was in Zukunft gebaut werden könnte. So hat das Statistische Bundesamt zuletzt gemeldet, dass die Baugenehmigungen für Wohnungen in den Monaten Januar bis September 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,7 Prozent gesunken sind. Da in diesem Zeitraum die Anzahl der gewerblichen Arbeitnehmer im Gerüstbaugewerbe um 2,8 Prozent zurückgegangen ist, reduziert sich das theoretische Delta zwischen Angebot und Nachfrage von Gerüstbauleistungen auf einen Prozentpunkt.

Hinzu kommt, dass der Bauüberhang steigt. Laut einer Mittteilung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds vom Februar 2022 liegt er bereits bei über 800.000 Wohneinheiten. Zudem behält die Bundesregierung das Ziel, 400.000 neue Wohneinheiten pro Jahr bauen zu lassen, auf ihrer politischen Agenda.

Neben dem Neubau sind aber auch der Ausbau, die Instandhaltung und die energetische Sanierung von Gebäuden wichtige Märkte für Gerüstbauleistungen. Es bleibt abzuwarten, wie die steigenden Energiepreise sich auf die energetische Sanierung auswirken und ob infolge der Inflation vermehrt in Immobilien investiert wird.

In der Kalkulation muss der Gerüstbau insbesondere die aktuelle Lohnentwicklung, die gestiegenen allgemeinen Geschäftskosten und die deutlich höheren Materialpreise berücksichtigen. Der künstliche Umsatzturbo hingegen, der in den meisten anderen Baugewerken aufgrund der drastischen Materialpreisentwicklung wütet, betrifft den Gerüstbau nicht.

Wir denken daher, dass bei den Gerüstbauleistungen für die Bauwirtschaft ein nominales Umsatzwachstum von 2 Prozent möglich ist. Real wird dieser Markt voraussichtlich das Vorjahresniveau halten können. Setzt sich der Personalabbau fort, wird die Nachfrage höher sein als das Angebot.

Im Bereich der Gerüstbauleistungen für die Industrie sind viele Fragen offen. Die Krise hat in vielen Bereichen zu einem Umdenken geführt. Es gibt Unternehmen, die auf Grund der Energiepreise die Produktion einstellen müssen. Es gibt aber auch Betriebe, etwa in der Stahlindustrie, die vor dem Ukrainekrieg ums Überleben kämpften und jetzt voraussichtlich über Jahre gegen eine kaum zu bewältigende Nachfrage ankämpfen werden. Diese Maßnahmen können ohne Industriegerüstbau nicht umgesetzt werden.

Wir denken, dass im Bereich der Gerüstbauleistungen für die Industrie das Umsatzvolumen stagnieren wird, obwohl die notwendigen Preisanpassungen durchgesetzt werden können. Somit sinkt das reale Marktvolumen in der Industrie um voraussichtlich etwa 2 Prozent. Wenn sich der Branchenumsatz gleichmäßig auf die Bereiche Industrie und Bau verteilt würde das reale Gesamtvolumen in 2023 wegen des rückläufigen Industriegerüstbaus um etwa 1 Prozent sinken. Treffen die Annahmen für Industrie- und Baugerüste zu, würde also der gesamte Branchenumsatz nominal stagnieren.

Unabhängig von allen Zahlen aber ist eines zentral: Wir im Gerüstbauhandwerk müssen wie in allen anderen Handwerksbranchen auch zusammenhalten und gemeinsam dafür sorgen, dass uns die Krise nicht in die Knie zwingt – sondern wir gestärkt aus ihr hervor gehen.

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Verbände und Experten

Ausblick – Baujahr 2023

Nachdem das Jahr 2021 die Branche mit der Pandemie und Lieferkettenproblemen bereits vor Herausforderungen gestellt hatte, bedeutete der Beginne des Ukraine- Kriegs im Februar 2022 eine Zäsur, die bis heute fortwirkt. Energieknappheit, Preisexplosionen, Klimaschutzvorgeben und ein Rückgang der Nachfrage im Wohnungsbau stellten neue Aufgaben und verunsicherten Unternehmen und Manager.

Der erfolgreiche Verlauf und der bauma 2022 zum Jahresabschluss konnte dagegen den positiven Akzent setzen, auf den viele gehofft hatten und der sich zuvor angedeutet hatte – Baumaschinenhersteller berichteten durch die Bank von übervollen Auftragsbüchern. In den nun folgenden Bauaussichten 2023 spiegelt sich die Ambivalenz der aktuellen Entwicklungen wider: Verbände und Experten sind sich einig, dass die Entwicklung der Bauwirtschaft in diesem Jahr eine Delle verzeichnen wird, Hersteller sehen die Herausforderungen des Marktes und nehmen sie tatkräftig an. Trotz aller Widrigkeiten, zu denen auch der permanente Fachkräftemangel zählt, überwiegt eine positive Grundhaltung und die Gewissheit, dass die Baubranche die vor ihr liegenden Aufgaben als wichtigste Stütze der Wirtschaft schon stemmen wird.

Das Signal, das alle Teilnehmenden der Bauaussichten 2023 in den Markt senden, wird dominiert von Stärke und Kontinuität. Dieser gemeinsame Nenner wirkt wie ein Schulterschluss, der die Branche auszeichnet und der anderen als Vorbild dienen kann.

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