ift-geprüft

Türen als Lebensretter im Tunnel

Tunnelbau
Prüfung der Luft- und Rauchdichtheit der Tunneltore im Gotthard Tunnel. Fotos: ift Rosenheim

Rosenheim (ABZ). – Der neue Gotthard-Tunnel in der Schweiz ist ein Bauwerk, das höchste Sicherheitsanforderungen erfüllen muss. Ein Kernstück des Sicherheitskonzepts sind die riesigen Tore,die den Tunnel in Abschnitte einteilen sowie die 350 Türenin den "Querschlägen", dieeine Evakuierung im Brandfall sicherstellen.

Diese Türen leisten echte Herkulesarbeit, denn sie müssen über 7 t Winddruck aushalten, der durch die Expresszüge entsteht, die mit bis zu 250 km/h durch den Tunnel rasen. Zudem müssen die Türen einem90-minütigen Brand widerstehen, und sollen sich im Ernstfall dennoch leicht öffnen lassen. Damit diese Anforderungen sicher eingehalten werden, hat der Bauherr AlpTransit Gotthard AG Sicherheitsprüfungen im ift Rosenheim durchgeführt, das seit 50 Jahren auf die Prüfung von Qualität, Funktion und Sicherheit von Türen, Toren, Fenstern und Fassaden spezialisiert ist. Was passiert, wenn ein Expresszug mit fast 250 km/h nur wenige Zentimeter an einer Tür vorbei rast? Das fragten sich auch die Schweizer Ingenieure der AlpTransit Gotthard AG. Die Türen müssen alle 2 Sek. einen Wechsel von Luftdruck und -sog aushalten. Dieser entsteht aufgrund der schmalen Lücken zwischen den Wagons und belastet die 1,6 breiten und 2,2 m hohen Türen mit über 7 t Druck.

Damit trotz dieser extremen Belastungen die Öffnungsfähigkeit der 350 Türen in den 175 Querschlägen des Tunnels jederzeit sichergestellt ist, mussten neue Konstruktionen und Prüfverfahren entwickelt werden. Deshalb kamen bereits im Sommer 2008 die Ingenieure der AlpTransit Gotthard AG, des Schweizer Torherstellers Elkuch Bator und die Experten des ift Rosenheim zusammen, um Prüf- und Überwachungsverfahren zu entwickeln, die diese extremen Bedingungen im Tunnel simulieren können. Die Schweizer wollten die Türen im ift Rosenheim auf Herz und Nieren prü-fen lassen, weil in Rosenheim seit über 50 Jahren die Sicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Qualität von Türen, Toren, Fenstern und Fassaden geprüft wird, und die Ingenieure und Wissenschaftler in der Lage sind, auch für ungewöhnlichen Einsatzzwecke geeignete Prüfverfahren zur Bewertung der technischen Eigenschaften und Belastbarkeit zu entwickeln. Ähnliche Aufgabenstellungen wurden schon bei den Prüfungen der ICE-Verglasungen oder diverser Dachverglasungen von Autobahn-Einhausungen und diverser Tunnel gelöst.

Die Dauerlastprüfung mit insgesamt 500.000 Druck- und Sogstößen bei einer Frequenz von 2 Sek. musste bei einer Umgebungstemperatur von 40 °C erfolgen, die auch im Gotthard-Tunnel vorherrscht.

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Schon die Anlieferung der Türen mit Betonrahmen mit einem Gesamtgewicht von über 4 t war spannend.

Während der Prüfung konnten die enormen Belastungen gut beobachtet werden. Die 110 mm dicken Türflügel aus Edelstahl bogen sich zwar sichtbar durch, waren aber auch nach der 14-tägigen Dauerlastprüfung ausreichend dicht und ließen sich mit den geforderten Kraftaufwand von max. 10 kg öffnen. Auch die 8,5 m breiten und 4 m hohen Tunneltore mussten besondere Anforderungen erfüllen, denn diese unterteilen den Tunnel in mehrere Brandabschnitte. Deshalb durften Sie trotz eines hohen Luftdrucks nur eine minimale Leckrate für den Luftdurchgang aufweisen, um den Durchtritt von Rauch zu verhindern.

Dieser große Aufwand war notwendig, da die Tunneltüren zentraler Bestandteil des Sicherheitskonzeptes sind: denn die Querschläge dienen als Fluchtwege bei Zugstörungen sowie zur Evakuierung bei Unfällen – im Extremfall also auch bei Brandkatastrophen.

Die Türen gewährleisten im Normalbetrieb nicht nur die Abschottung, sondern müssen einem Tunnelbrand 90 Min. widerstehen, um ein Übergreifen des Feuers in den Querschlag und damit in die "gesunde" Nachbarröhre zu verhindern. Trotz dieser extremen Belastung muss die Tür im Bedarfsfall jeder Zeit manuell und intuitiv von beiden Seiten mit max. 10 kg Kraftaufwand innerhalb von 2 Sek. zu öffnen sein.

Die Vorgehensweise bei dieser Projektabwicklung war zwar kosten- und zeitintensiv, stellte aber sicher, dass die Türen im Extremfall und bei ordnungsgemäßer Wartung ihren Sicherungszweck auch noch nach 25 Jahren erfüllen. Die frühzeitige, partnerschaftliche und zielorientierte Zusammenarbeit der drei Partner ist auch ein Beleg dafür, wie sich Großprojekte im geplanten Zeit- und Kostenrahmen realisieren lassen.

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