Bauaussichten 2024

Unsere Handlungsfähigkeit nicht behindern

Von Christian Strunk, Präsident Bundesverband Mineralische Rohstoffe e. V., MIRO
Bauaussichten
Foto: MIRO

Die gesamte produzierende Industrie unseres Landes macht und schafft viel, ist aber leider in der Hauptsache damit beschäftigt, sich innerhalb des Krisenmodus das notwendiges Stück Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Und als wären die Rahmenbedingungen inklusive Energieversorgungs- und Preissituation nicht schon anstrengend genug, treibt auch die Bürokratie immer neue Blüten. Sehr gut erinnere ich mich daran, wie uns Ende 2022 bei einer Podiumsdiskussion mit Politikern verschiedener Parteien im Bundestag mit dem Bürokratieentlastungsgesetz Nr. 4 nun aber wirklich und wahrhaftig Erleichterung versprochen wurde. Nicht nur nach unserem Empfinden, sondern auch nach dem 2023er Jahresbericht des Normenkontrollrats ergibt sich jetzt ein ganz anderes Bild: Jährlicher Erfüllungsaufwand und die damit verbundenen Bürokratiekosten waren noch nie so hoch wie heute. Eigentlich absehbar und korrespondierend mit einer Staatsquote von mehr als 50 Prozent. Und seitdem sind weitere Beschwerlichkeiten wie das Lieferketten- oder das Hinweisgeberschutzgesetz hinzugekommen.

Waren möglicherweise die meisten Versprechen im Koalitionsvertrag der Ampel eine vorsätzliche Täuschung? Ganz sicher nicht. Was aber grundsätzlich fehlt, sind ehrliche Folgenabschätzungen und eine fundierte, ergebnisoffene Analyse der strukturellen Gründe aktueller Krisen, insbesondere der beim Wohnungsbau. Nun absolvieren wir gemeinsam eine Achterbahnfahrt. Das Karlsruher Haushaltsurteil und die Einhaltung der Schuldenbremse für 2023 mit drastischen Auswirkungen für 2024 werden uns noch alle reichlich beschäftigen.

Für unser eigenes Segment steht die Frage im Raum, ob die Wohnungsbaukrise zu erwarten war oder gar durch zu langen Handlungsunwillen seitens der Politik befördert wurde? Der Wohnungsbaugipfel beim Kanzler hatte einige gute Ansätze, aber werden diese auch wirklich zügig umgesetzt und vor allem, warum hat man diese nicht schon vor zwei Jahren beschlossen? Dieser und weiteren bauspezifischen Fragen werden sich die Kollegen unserer Bauspitzenverbände garantiert ausführlicher widmen. Ergänzend dazu plädiere ich aus Sicht der Baurohstoffproduzenten im Bundesverband Mineralische Rohstoffe, MIRO, dafür, dass wir als auf einander angewiesene Wirtschaftszweige gemeinsam das gesamte Bau-Bild betrachten, um bei unserer eigenen Analyse klare Folgenabschätzungen vornehmen zu können.

Einig sind wir uns darin, dass kurze Transportwege für Sand, Kies, Splitt und Schotter zur Weiterverarbeitung im Baustoffwerk oder Direkteinbau in Gleistrassen, Wegen o. ä. ein Gebot der ökologischen Vernunft sind und zur Kosteneffizienz am Bau beitragen. Ebenso eint uns die Überzeugung, dass zirkuläre Wirtschaft verlangt, Recyclingbaustoffe jeweils gemäß ihrer Qualität und Eignung wiederzuverwerten – Recycling aber nicht erzwungen werden kann, wenn die verfügbaren Mengen hinter den teils utopischen Vorstellungen der Politik zurückstehen. Wir erwarten von der Politik, dass sie die guten Argumente der im Baugeschehen miteinander verwobenen Branchen sachlich prüft, statt idiologisch wertet und die Genehmigungspolitik in ihrer Komplexität endlich auf neue, flinke Füße stellt.

Längst beklagen unsere Sand- und Kiesproduzenten sowie Steinbruchbetreiber eine Genehmigungspraxis, die ihren Weiterbetrieb gefährdet, Neuaufschlüsse verhindert und am Ende die Versorgungssicherheit infrage stellt. So verknappt sich unser Material künstlich politisch motiviert, obwohl wir wirklich ausreichende Vorkommen im eigenen Land haben. Kritiker könnten anmerken: "aber wenn der Bau ohnehin schwächelt, wird doch nicht viel Material gebraucht". Nun, das ist nicht das ganze Bild. Zum einen wird der Bau wieder durchstarten und zum anderen ist von einer geplanten Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030 auszugehen, die Bahn wird einen Löwenanteil für den Netzausbau aus der erhöhten Lkw-Maut bekommen, Straßen müssen erhalten, Gemeinschaftseinrichtungen und Wohnungen gebaut werden, selbst wenn es derzeit statt 400.000 nur 250.000 sind.

Auch – oder gerade – eine unbestimmte Zukunft bedarf einer vorsorgenden Rohstoffsicherung, um dafür gerüstet zu sein. Das nennt sich Resilienz. Diese gibt es in unserem Fall sogar völlig nebenwirkungsfrei. Niemand, kein Unternehmer, wird ohne konkrete Nachfrage auf Verdacht präventiv Gesteinsrohstoffe gewinnen, aufbereiten und in seinem Hof aufhalden. Was nicht verkauft wird, wird auch nicht gewonnen.

Was wir von den Entscheidern erwarten, ist, dass sie unsere Handlungsfähigkeit nicht behindern – sondern erhalten und genehmigungsrechtlich beschleunigen – damit die wichtige Wertschöpfungskette Bau von Anfang bis Ende funktioniert. Auf Primärrohstoffe, also unseren heimischen Naturstein, Kies, Sand und Quarz, können wir nicht verzichten.

Zusätzlich ist uns die Wertschöpfungskette Energie ein wichtiges Anliegen. Sofern die Ziele der Energiewende bis 2030 ernstgemeint sind, wird es auch hier nicht ohne ganzheitliche Betrachtung gehen. Für anspruchsvolle Ziele wie dieses muss die fordernde Politik mehr Wege ebnen. Tatsächlich sehen aber Unternehmer unserer Branche, die gewillt sind auf ihren Baggerseen schwimmenden Photovoltaik-Anlagen zu errichten, aufgrund restriktiver Anforderungen zu Uferabstand und Belegungsquote die rote Karte. "Transformation schwergemacht – Deutschland zeigt, wie es geht!", wäre hier wohl die richtige Schlagzeile. Doch egal ob leicht oder schwer: Wer Transformation will, wird an unseren heimischen mineralischen Rohstoffen nicht vorbeikommen. Diese Erkenntnis wachsen zu sehen, wäre eine großartige Aussicht für 2024.

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