3D-gedruckte Schalen

Schalungsteile wie gedruckt mit hybriden Lösungen für den kreativen Betonguss

Maisach (ABZ). – Wird der Architekt kreativ, muss es auch der Schalungstechniker sein. Denn nicht immer lassen sich kniffelige Geometrien problemlos mit traditionellen Schalungsverfahren realisieren. Die Lösung können hybride Schalungskörper sein, die bewährte Schalungen mit Elementen aus dem 3D-Drucker kombinieren. Die Bandbreite reicht dabei von Zubehörteilen bis hin zu massiven Schalungskörpern. Wir stellen drei aktuelle Beispiele aus der Praxis vor.
Doka Schalung
Die 3D-gedruckte Schalungsspitze, inklusive sämtlicher Funktionen zum Einbau, wie winkelgerechte Anschraublöcher und Auflagen für die Schalhaut des Nachbarelementes Foto: Doka

Bauherren und Architekten wollen sich im Hochbau verstärkt durch ausgefallene Details von anderen abheben: steile Winkel, abgerundete Ecken, besondere Sichtbetonoberflächen, Wendeltreppen wie aus einem (Beton-)Guss. Für Bauunternehmen und ihre Partner heißt das, bei Planung und Ausführung neue Wege zu gehen. Bei den Schalungstechnikern von Doka kommen deshalb zunehmend 3D-gedruckte Schalungsteile zum Einsatz.

Hightech trifft Handwerk

Einer der Experten für additive Fertigungsmethoden von Schalungsteilen bei Doka ist Helmut Hilliges. Der gelernte Zimmermeister und staatlich geprüfte Bautechniker weiß um die Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Werkstoffe: "Sonderanfertigungen werden normalerweise aus Holz gefertigt und dann entsprechend bearbeitet. Für die meisten Schalungsprojekte war das bislang auch problemlos machbar. In letzter Zeit erhalten wir aber vermehrt Projekte mit gestalterischen Besonderheiten, für die sich Schalungsteile aus dem 3D-Drucker besser eignen." Warum – das erklärt Hilliges anhand dreier aktueller Beispiele. Für diese Bauvorhaben entwarf der Schalungstechniker bestimmte Elemente für den 3D-Druck, die zum Teil von Doka, zum Teil von voxeljet hergestellt wurden. Voxeljet ist ein Experte für 3D-Drucklösungen im industriellen Produktionsumfeld, mit dem Doka schon beim Projekt SAB Leipzig zusammengearbeitet hatte.

Das Runde passt zum Eckigen

Beim Fußball muss das Runde ins Eckige. Beim Neubau der Berliner Zentrale eines großen deutschen Online-Händlers ist das Runde das Eckige: Die Wände und Brüstungen des Innengebäudes in Sichtbeton sind teilweise ausgerundet gestaltet, insbesondere im Atrium. Eine geeignete Schalung für Sichtbetonflächen ist laut Doka die Rahmenschalung Framax Xlife plus, die auch hier zum Einsatz kam. Zur Ausgestaltung der Ankerstelle wird mit dem Sichtbetonkonus eine runde Vertiefung im Beton erzeugt. In diese wird in der Nachbehandlung ein Faserzementstopfen als Blende eingeklebt. Bei geraden Wänden ist das mit den Systemteilen kein Problem. Doch in den ausgerundeten Bereichen, die auch noch alle unterschiedliche Radien haben, war es nicht möglich, gleichförmige Ankerstellen mit dem konventionellen Konus herzustellen, da er zu starr ist. Also setzte sich Hilliges hin und tüftelte.

Da für die ausgerundeten Bereiche Schalungssonderelemente gefertigt werden mussten, entwarf er einen speziell gefertigten Konus. Dieser musste so flexibel sein, dass er sich durch Andrücken gegen die runden Oberflächen minimal verformen lässt und entsprechend abdichtet. Die Lösung waren flexible Sichtbetonkonen aus dem 3D-Drucker. "Mit so einem Konus konnten wir in den runden Bereichen die gleichen Aussparungen erzeugen wie in den geraden Bereichen mit dem Standardkonus. In Summe entstand so ein gleichförmiges Bild über die gesamten Sichtbeton-Flächen", resümiert Hilliges. "Das klingt erstmal nicht aufregend, aber man muss bedenken, dass bei Sichtbeton jede noch so kleine Unregelmäßigkeit auffällt und stört. So haben wir ein Top-Ergebnis erhalten, mit dem der Bauherr sehr zufrieden ist."

Robuster Zeitsparer

Gegenüber des Luxemburger Hauptbahnhofs entsteht seit 2019 der neue Unternehmenssitz von Post Luxembourg. Eine der Anforderungen war die Betonage eines ausgerundeten Eckbereichs der Dachfläche mit einem auf Null zusammenlaufenden Element. Hierbei gibt es nicht eine Gratlinie, die an einem Verschneidungspunkt in die Firstlinie verläuft, sondern die Gratlinie ist aufgelöst in eine runde, kegelige Fläche, deren Spitze die Ecke der Firstlinie trifft. Übersetzt in ein Schalungselement ist das ein konisch kegeliges Element, das am oberen Ende spitz auf Null zuläuft.

"Konventionell würde man dazu einen Block aus Leimholz fertigen", erklärt Hilliges. "Dieser muss entsprechend in der Oberfläche aufwendig behandelt, das heißt gefräst, gespachtelt, geschliffen und lackiert werden. Die Holzspitze selbst ist dabei so filigran, dass sie leicht beschädigt werden kann. Da musste etwas Robusteres her." Also fertigten Hilliges und seine Kollegen einen Hybrid an: einen üblichen Schalungskörper in Verbindung mit einer äußerst widerstandsfähigen Schalungsspitze aus dem 3D-Drucker, die in der Oberfläche betonagefertig ist.

Das heißt das Schalelement stellte der Doka Fertigservice konventionell her, soweit es die Biegeradien der Holzwerkstoffe zulassen. Für die Spitze wurde eine Auflagerplatte vorbereitet, auf die man die robuste 3D-gedruckte Spitze nur noch verschraubt. Da sämtliche Funktionen zum Einbau wie winkelgerechte Anschraublöcher und Auflagen für die Schalhaut des Nachbarelementes mitgedruckt wurden, sparte man sich wertvolle Montagezeiten im Schalungsbau und schuf gleichzeitig eine höherwertige Lösung für den Kunden.

Mehr Tüftelei war gefragt, als ein weiteres Projekt auf Hilliges' Tisch landete: die Erstellung zweier 9,9 m hoher repräsentativer Portalsäulen im dorischen Stil, die künftig den Eingangsbereich eines Geschäftsgebäudes in Grünwald bei München zieren. Sie sollten in sechs Segmenten als Betonfertigteile in einer Feldfabrik auf der Baustelle gegossen und anschließend aufeinandergesetzt und verklebt werden. Neben den runden zylindrischen Segmenten waren auch die dorischen Kapitelle sowie die entsprechenden Postamente zu schalen. Die zylindrischen Teile konnten konventionell in der Trägerschalung Top 50 betoniert werden. Für die Postamente sowie die Kapitelle kamen per Binder Jetting hergestellte Sandgussformen des Kooperationspartners voxeljet zum Einsatz.

Diese wurden beim Postament in die Trägerschalung eingesetzt, beim Kapitell als eigenständige Schalung verwendet.

"Der große Vorteil ist hier, vielfältige Funktionen gleich mit in das gedruckte Bauteil integrieren zu können. Sie müssen keine Spannlöcher nachträglich bohren, sondern können diese gleich mitdrucken. Gleiches gilt für Hebegriffe, für Nut- und Federverbindungen, so dass man beim Verspannen der Elemente eine ebenmäßige Oberfläche einstellen kann. Wir haben auch gleich die Ausschalöffnungen zum Ansetzen von Keilen oder Hebeeisen mitdrucken lassen, was die Gefahr von Beschädigungen beim Ausschalen reduziert. Mit etwas Sorgsamkeit kann man so ohne Weiteres die gedruckten Schalungsteile mehrere Male einsetzen", so Hilliges.

Doch wenn 3D-gedruckte Schalungsteile so viele Vorteile bieten – Flexibilität bei Gestaltung, Witterungsbeständigkeit, Oberflächenqualität – warum kommen sie trotzdem noch eher punktuell zum Einsatz? "Noch ist es eine Kosten-Nutzen-Abwägung", erklärt Hilliges.

"Außerdem darf man ja auch nicht vergessen, dass so ein 3D-gedrucktes Schalungsteil sehr viel schwerer ist als ein konventionelles. Das muss ja auch von jemandem montiert werden. Zudem hat Holz als Werkstoff gerade im Bereich Sichtbeton Eigenschaften, die kann man mit Kunststoff nicht so ohne Weiteres eins zu eins nachahmen. Doch additiv gefertigte Schalungsteile und -elemente haben so vielfältige Einsatzmöglichkeiten – Sonderlösungen für den Einbau von Vorlaufstellen, Manschetten für die Durchführung eines Entwässerungsrohres – dass wir intensiv in diesem Segment forschen, um für das jeweilige Projekt die am besten geeignete Lösung zu realisieren", betont der Experte aus dem Hause Doka.

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