Wolfgang Burget, Geschäftsführer der Liebherr EMtec GmbH

„Die Realität erfordert Kosten/Nutzen optimierte Systeme“

von: Rainer OSCHÜTZ

COLMAR/FRANKREICH - Weniger Belastung der Umwelt durch geringeren Ausstoß von CO2, Stickoxiden und Feinstaub sind die Herausforderungen, denen sich Ingenieure und Techniker bei der Entwicklung von Erdbewegungsmaschinen stellen müssen. Vorgaben der Gesetzgeber werden auf europäischer Ebene durch Emissionsvorschriften und auf europäischer sowie nationaler Ebene durch Immissionsbegrenzungen für Erdbaumaschinen festgeschrieben.

. – Liebherr-EMtec hat daher in den vergangenen Jahren einen hohen Anteil der verfügbaren Forschungs- und Entwicklungskapazitäten für die Entwicklung energieeffizienter Maschinen eingesetzt, betonte gegenüber der Allgemeinen Bauzeitung (ABZ) Dr. Wolfgang Burget, Geschäftsführer der Liebherr-EMtec GmbH. Liebherr-EMtec ist die Spartenobergesellschaft aller Liebherr-Gesellschaften, die sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Liebherr-Erdbewegungsmaschinen befassen.

Das Produktprogramm der Liebherr-EMtec umfasst Hydraulikbagger (Mobilbagger, Raupenbagger), Raupen (Planier- und Laderaupen), Radlader, Teleskoplader und Muldenkipper. In dem ABZ Gespräch ging Burget besonders auf die Aktivität der Liebherr-France SAS (Colmar) ein, die innerhalb der Liebherr-EMtec die Produktlinienverantwortung für Raupenbagger wahrnimmt. In folgenden ABZ-Beiträgen werden demnächst die Aktivitäten der weiteren EMtec-Gesellschaften in Bischofshofen, Telfs (beide Österreich) und Kirchdorf (Deutschland) vorgestellt, wobei besonders die Entwicklungstätigkeiten mit der Zielsetzung "Energieeffizienz" betrachtet werden sollen.

Wie der Geschäftsführer informierte, bietet die Liebherr-France SAS mit den in Colmar gefertigten Raupenbaggern ein gut abgestuftes Typenprogramm von 18 t bis 100 t Dienstgewicht mit Motorleistungen von 80 kW bis 420 kW. Das Produktprogramm beinhaltet zudem Sondergeräte für Spezialanwendungen wie Abbruch und Tunnelbau.

Bei allen Neu- und Weiterentwicklungen von Liebherr spielen Vorgaben der Emissions- und Immissionsgesetzgebung eine wichtige Rolle. Doch warnt Burget davor, Baumaschinen mit Autos zu vergleichen. Baumaschinen seien Arbeitsmaschinen, d. h. wesentlich komplexer und verrichteten höchst unterschiedliche Arbeiten. "Um den CO2-Ausstoß effektiv verringern zu können, müssen alle Elemente eines Bauprozesses berücksichtigt werden. Neben der Baumaschine (Maschinengröße, Antriebsart) selbst haben auch Verfahren und organisatorische Abläufe (z. B. Baustellenlogistik), die Gestaltung des Arbeitsprozesses und der Bediener (z. B. Ausbildungsstand) entscheidenden Einfluss auf die Gesamtleistung. Was wirklich zählt, ist die Gesamtbilanz, z. B. wie viel CO2 wurde beim Bau einer Autobahn vermieden? Das ist etwas, was wir insbesondere den Gesetzgebern mit Nachdruck vermitteln müssen", so Burget. Man könne nicht einfach den Motor auf den Prüfstand stellen und seinen Kraftstoffverbrauch per Testlauf prüfen. Die isolierte Betrachtung des Motors als nur eines von vielen Elementen einer Gesamtkette ist nicht der richtige Ansatz und gehe an der Zielsetzung einer hohen Gesamtenergieeffizienz und damit an der Realität vorbei.

Gleichwohl sind geringe Kraftstoffverbräuche für Liebherr-Dieselmotoren bei gleichzeitiger Erfüllung der geltenden und zukünftigen Abgasgesetzgebungen ein wichtiges Element für die Erreichung einer guten Gesamteffizienz der Liebherr-Baumaschinen.

Wesentlich für die Erzielung einer guten Energieeffizienz der Erdbaumaschinen ist die Gesamtkompetenz, die Liebherr für das System "Baumaschine" aufbieten kann.

Am Beispiel der Raupenbagger der Generation 6 wurde dies verdeutlicht. Durch die Einführung eines neuen Hydrauliksystems (2-Kreis-Positiv-Control), die Verwendung von Liebherr-Antriebskomponenten (Dieselmotor, Schwenkantrieb, Fahrantrieb, Zylinder), der neuen Liebherr-Elektronik-Generation (Master, I/O-Module, Bedienelemente, Display, Kamera) und der eigenen Basis- und Anwendersoftware konnte ein neues, in sich abgestimmtes und optimiertes Maschinenkonzept realisiert werden. Vergleichsuntersuchungen an 20- bis 24-t-Raupenbagger der Generation 6 mit direkt vergleichbaren Vorgängerprodukten ergaben Reduzierungen von spezifischen Kraftstoffverbräuchen von 10 % bis 20 %. Auch in Wettbewerbs-vergleichen wurden diese sehr guten Ergebnisse für Liebherr-Raupenbagger der Generation 6 bestätigt.

Der EMTec-Geschäftsführer wies darauf hin, dass man mit dieser Art der Gesamtsystemoptimierung sehr hohe Einsparungen, d. h. sehr gute Werte der Energieeffizienz einer Maschine erzielen kann. Der Übergang zu komplexeren und damit kostenintensiveren Maschinenkonzepten, wie bspw. hybride Antriebskonzepte, sollte erst nach vollständiger Ausschöpfung der Potentiale der vorhandenen Technologien erfolgen.

Der Geschäftsführer betonte, dass bei aller Innovationsfreude allein der Nutzen für die Kunden zählt: "In der Realität muss vor allem das Verhältnis Kosten/Nutzen stimmen". Ein Beispiel dafür sei die von Liebherr entwickelte Energierückgewinnungstechnologie, welche die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit von Baumaschinen gleichermaßen verbessern wird. So habe Liebherr mit dem Raupenbagger R 9XX concept einen Technologieträger für elektrisch-hydraulische Hybridantriebe entwickelt und gebaut, der diesen Ansprüchen gerecht werde. Er verkörpert die Gerätestruktur und Systemarchitektur eines 40-t-Baggers und sei mit einem 4-Zylinder-Liebherr-Baumaschinenmotor ausgestattet, der mit 160 kW/218 PS Leistung deutlich kleiner dimensioniert sei als in dieser Geräteklasse üblich. Möglich werde diese kraftstoff- und emissionssparende Maßnahme durch die Leistungsunterstützung des elektrisch-hydraulischen Hybridantriebs. Haupteinsatzbereiche von Baggern der Größenklasse seien die Bewegung großer Erdmassen sowie die harten Anforderungen in Steinbrüchen, d.h. Einsätze mit hohen Nutzungsgraden. Burget: "Die bei solchen Einsätzen typischen zyklischen Arbeitsprozesse sind eine technisch und wirtschaftlich besonders aussichtsreiche Grundlage für eine Hybridisierung der Energieversorgung – also für die Kombination unterschiedlicher Antriebstechnologien. Beim R 9XX concept fungiert der Verbrennungsmotor als Hauptenergiequelle, die mit einem Hydraulikspeicher und einem elektrischen Speicher kombiniert wird." Verwendet würden hierzu Komponenten, die mit Schwesterwerken der Liebherr-Gruppe neu entwickelt wurden. Dies seien der elektrische Drehantrieb, die elektrischen Speicher – so genannte Supercaps – sowie die zugehörige elektronische Steuereinheit. Zur Rückgewinnung der hydraulischen Energie würden ein Druckspeicher und ein Generator eingesetzt. Diese Antriebslösung vereine elektrische und hydraulische Antriebstechnik mit dem Resultat, den Kraftstoffverbrauch zu senken und zugleich die Produktionsleistung zu steigern. "Die Hubzylinder werden ohne den Einsatz von drosselnden Ventilen gesteuert, um Energieverluste im Vorfeld des Rückgewinnungsprozesses zu vermeiden. Beim Senken der Ausrüstung wird die Lageenergie der Ausrüstung, mittels eines hydro-mechanischen Energietransformators parallel in einen Hydraulikspeicher und in einen Elektrospeicher (Supercaps) abgepuffert. Auf diese Weise wird eine maximale Ressourceneffizienz erreicht", erklärte Burget. Antrieb und Energiespeicherung des Drehwerksantriebs erfolgten elektrisch. Beim Bremsen werde die kinetische Energie über den Generator in elektrische umgewandelt und in den Liebherr-Supercaps gespeichert. Diese Energie werde wieder genutzt, wenn der Oberwagen im zyklischen Prozess beschleunigt werden müsse. Burget erklärte weiter: "Die Leistung des Dieselmotors kann direkt an die genannten Verbraucher oder in den elektrischen Speicher geführt werden. Aus dem Speicher ist sowohl eine Versorgung des Drehwerks als auch ein Antrieb der Hydropumpen für die Ausrüstungsbewegungen möglich. Das System lässt den Transfer von Energie zwischen den verschiedenen Teilsystemen zu." So werde sichergestellt, dass der Dieselmotor nur so viel Leistung erzeugt, wie unbedingt benötigt wird. Zudem erfolge die Belastung des Dieselmotors wesentlich gleichmäßiger, mit weiteren Vorteilen beim Verschleiß von Bauteilen, das heißt einer höhe-ren Lebensdauer und beim Kraftstoffverbrauch.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gerüstbauer mit Fahrerlaubnis C/CE, Sarstedt Heisede  ansehen
Seilbaggerfahrer (m/w/d), Jettingen-Scheppach  ansehen
Gerüstbauer – auch als Quereinsteiger , Ochtendung  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen