Heizungstechnik online bringen

Energieeffizienz-Dienstleistungen für Heizungsanlagen mit Rundumservice für den Kunden

Start-ups
Über die elektronische Regelung moderner Hocheffizienzpumpen lassen sich auch ältere Heizungsanlagen online überwachen und effizient steuern. Foto: perto

Berlin (ABZ). – Wer schon einmal versucht hat, den Eltern oder Großeltern die Funktionen eines Smartphones näherzubringen, weiß, dass es ziemlich schwierig sein kann, die älteren Semester ins Netz zu bringen, berichtet das Software-Start-up perto. Bei Gebäuden, insbesondere wenn es um die Wärmeversorgung geht, sei das ganz ähnlich. "Der durchschnittliche Heizkessel in Deutschland ist fast 18 Jahre alt, den kann man nicht online bringen. Darum funktioniert in den allermeisten Gebäuden in Deutschland alles noch analog", sagt Gründer Dr. Sebastian Schröer. Dabei ließe sich durch die Modernisierung und Digitalisierung im Heizungskeller nicht nur viel Energie einsparen, sondern die Haustechnik auch einfacher überwachen. Doch der Markt sei konservativ und kleinteilig. Es fehlt an standardisierter Technik und innovativen Geschäftsmodellen, die Gebäudeeigentümer bei der Modernisierung unterstützen.

Weil Schröer laut eigener Aussage das Potenzial im Wärmemarkt erkannte, seine Ideen aber bei seinem damaligen Arbeitgeber nicht umsetzen konnte, gründete er 2016 zusammen mit Frank Krischok das Unternehmen perto. Mit ihrem Start-up bieten sie Energieeffizienzdienstleistungen mit einem Rundumservice für den Kunden. "Dazu mussten wir am Anfang ein Angebot finden, das wir standardisieren und skalieren konnten und das mit gering investiven Maßnahmen umsetzbar war", erzählt Schröer. Schließlich fanden sie in Heizungspumpen das ideale Produkt.

"Das ist erstmal ein ziemlich unsexy Thema, aber aus zweierlei Gründen interessant", erklärt er. "Man schätzt, dass 20 Prozent des weltweiten Energiebedarfs auf das Konto von Pumpen geht. Allein in Deutschland gibt es 40 Millionen Heizungspumpen. 80 Prozent davon sind alt und ineffizient. Außerdem gab es in den letzten Jahren einen Technologiesprung zu sogenannten Hocheffizienzpumpen. Würde man die alten Pumpen alle austauschen, könnte man drei Kohlekraftwerke stilllegen." Hocheffizienzpumpen verfügen über einen Synchronmotor und eine elektronische Regelung. Dadurch verbrauchen sie bis zu 90 % weniger Strom als herkömmliche Heizungspumpen. Gleichzeitig werden die alten Pumpen, die oft 30 Jahre und länger laufen, selten ausgetauscht. "Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie viel Energie sie hier einsparen könnten", sagt Schröer. Außerdem gebe es kaum spezialisierte Firmen, die einen guten Rundumservice böten. "Der Pumpentausch ist Sache der Handwerker und für die ist das kein interessantes Geschäft."

Perto hat den Pumpentausch weitgehend standardisiert: Ein Foto der Pumpe beziehungsweise des Typenschilds und einige Zusatzinformationen reichen. Mit Hilfe einer Bilderkennungssoftware und einer Datenbank mit fast 6000 Pumpen wird eine technische Analyse inklusive Angebot für den Tausch der Pumpe erstellt. Ein selbstlernender Algorithmus identifiziert mögliche Einsparpotenziale. Auch Fördergelder berücksichtigt die Software. Ist der Kunde einverstanden, beauftragt perto einen Handwerker. So bekommt der Kunde zum Festpreis und ohne großen Aufwand alles aus einer Hand.

Neben dem geringeren Stromverbrauch bieten die modernen Pumpen einen weiteren entscheidenden Vorteil, den perto nutzbar macht: Über die elektronische Regelung der Pumpen lässt sich das Heizungssystem einfach digitalisieren, auch wenn die Heiztechnik dafür ansonsten zu alt ist oder der Einbau einer herkömmlichen Gebäudeleittechnik zu teuer und aufwändig wäre.

Letzteres war in der Bildhauerwerkstatt Berlin-Wedding der Fall. In dem 1898 erbauten und heute denkmalgeschützten ehemaligen Fabrikgebäude arbeiten auf 3600 m² zahlreiche Künstler. Das Heizungssystem umfasst zwei Gaskessel mit je 200 kW Leistung und fünf Grundfos Magna 3 Hocheffizienzpumpen. Eigentümerin der Gebäude ist das Land Berlin, pertos größter Kunde. Im Frühjahr 2020 sollte das Wärmesystem digitalisiert werden. Dafür hat das Start-up die Mess- und Regelungstechnik in den vorhandenen Heizungs- und Zirkulationspumpen genutzt und die Pumpen auf seine IoT-Plattform aufgeschaltet – eine Maßnahme mit wenig Aufwand und zu einem Bruchteil der Kosten einer herkömmlichen Gebäudeleittechnik. Damit sind die Pumpen nicht nur fernauslesbar, sondern auch fernsteuerbar.

"Um aus einer normalen Hocheffizienzpumpe eine smarte Pumpe zu machen, verbauen wir Kommunikationsmodule in den Pumpen, schließen je Pumpe einen Rücklauftemperaturfühler an und leiten über unser Gateway per LTE die verschlüsselten Daten aus. Der Kunde kann dann auf einem Dashboard die Informationen seiner Heizungsanlage wie Verbrauchsdaten und Nutzungsintervalle abrufen", erläutert Schröer. Auf diese Weise ist es möglich, wie im Fall der Bildhauerwerkstatt in den Pankehallen, die gesamte Heizungsanlage aus der Ferne zu überwachen und zu steuern.

Über die Digitalisierung der Pumpen ergeben sich drei Ansatzpunkte, um die Heizungsanlage zu optimieren, Energie einzusparen und Kosten zu senken. "Zum einen können wir anhand der Heizungsdaten Fehler erkennen, zum Beispiel ob die Heizung falsch eingestellt ist und vielleicht keine Nachtabsenkung hat oder sie nicht im Brennwertbereich arbeitet", erklärt Schröer. Außerdem könnten Störungen sofort erkannt und umgehend behoben werden, bevor die Heizung ausfällt. "Beschwert sich beispielsweise ein Nutzer, dass es in einem bestimmten Heizstrang zu kalt ist, kann man da die Leistung hochnehmen."

Der zweite Ansatzpunkt ist die optimale Regelung der Heizung rund um die Uhr. "Wir steuern die Heizung in Abhängigkeit der Außentemperatur und der Temperaturdifferenz, dem Delta T, zwischen Vor- und Rücklauf. Hier kommt eine künstliche Intelligenz ins Spiel, mit der die Pumpen so geregelt werden, dass die Heizkreise permanent mit der optimalen Temperaturdifferenz betrieben werden."

Der dritte Punkt betrifft die Neuauslegung einer Heizung. "In Deutschland haben wir das Problem, dass die Heizungen fast immer zu groß sind. Für die Planung wird nicht gemessen, sondern nur gerechnet und häufig ein sogenannter Angstzuschlag berücksichtigt", bemängelt Schröer. Die Heizung verbraucht dann zu viel Brennstoff und der Verschleiß ist oft hoch. Steht in einem Gebäude eine Heizungsmodernisierung an, tauscht perto zunächst die Pumpen aus, falls diese zu alt sind, und schaltet sie auf seine IoT-Plattform auf. Dann misst das Start-up während der Übergangszeit oder eine ganze Heizperiode lang die Anlage und kann daraus exakt berechnen, wie groß der neue Kessel sein sollte, ohne dass dafür ein Planer hinzugezogen werden muss. "Diesen Fall hatten wir nun schon ein paar Mal, dass in einem Gebäude ein viel zu großer Kessel stand. Den durch einen kleineren zu ersetzen, spart natürlich enorm viel Geld, sowohl bei den Investitionskosten, als auch später im Betrieb."

Für die Bildhauerwerkstatt in Berlin erwartet perto durch die außentemperaturabhängige Fernsteuerung der Pumpen 35 % weniger Strombedarf. Beim Gasverbrauch können voraussichtlich 5 % gespart werden, weil durch die Optimierung der Pumpenbetriebsparameter die erzeugte Wärme besser verteilt wird. Weitere 5 bis 7 % Einsparungen soll die Korrektur falscher Einstellungen des Heizungssystems bringen.

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